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Ingo:
Sommer in den 80ern, ich als Kind mit den Eltern
an der Ostsee, und dann vorbei an etlichen
Strandläden, die diese verführerischen bunten
Plastikkugeln anbieten, die man als Kind einfach
haben will. "Boccia" nennt sich das Spiel, bei
dem man seine Farbkugeln durch zielsicheres
Werfen möglichst nah an einer kleinen Zielkugel
im Sand platzieren muss. Die Franzosen spielen
das unter dem Namen "Boule" bis ins hohe Alter.
Ein erprobtes Spiel also, das in der allgemeinen
Sommerlaune für gute Wettkampfstimmung sorgt.
Sommer 2017, ich als SPIELKULTist mit meinen
Kollegen am grünen Strand von Witten (also in
unserem Garten...), und dann liegt da diese
blaue Spielschachtel mit der KOSMOS-Neuheit
"Sokieba" auf dem Tisch, deren bunte Softwürfel
eine ähnliche Aufmerksamkeit auf sich lenken wie
damals die bunten Bocciakugeln... naja, fast
zumindest. Vielleicht fehlen uns an diesem Abend
auch gerade die Kinder, die das Spiel
enthusiastischer aufnehmen, was ich in späteren
Spielrunden feststelle. Aber okay, einem
SPIELKULTisten entgeht keine Neuheit und so
probieren wir das Spiel also erstmals in unserer
Erwachsenenrunde aus... Wer ist bloß auf die
Idee gekommen, dass 3 Meter Entfernung zum
Zielwürfel eine gute Entfernung darstellen? Wir
nicht. 18 von 20 geworfenen Würfeln landen
zielsicher mal mehr, mal weniger weit neben (!)
dem Zielwürfel, gerade mal 2 Treffer lassen
erkennen, worum es in dem Spiel eigentlich
geht... dummerweise wurden die beiden Treffer
von ein und der selben Person erzielt (siehe
Fotos oben), sodass der eigentliche Clou des
Spiels gar nicht von Bedeutung war...
Was nun ist der Clou, der "Sokieba" eben doch
vom klassischen "Boccia" unterscheidet? Nun, zum
einen muss der Zielwürfel vom geworfenen Würfel
berührt werden, um eine Wertung auszulösen.
Dicht dran reicht nicht. Zum zweiten - und das
ist das eigentlich Interessante, zumal es dann
eben auch im pädagogischen Bereich spielerisch
das Kopfrechnen einübt - werden dann immer
Punkte addiert, nämlich die, die die Würfel
zeigen. Die Idee ist also durchaus reizvoll, da
Würfel unberechenbar sind. Somit kochen da
schnell Emotionen hoch. Und im therapeutischen
Bereich kann auch noch die Körperkoordination
trainiert werden.
Leider - so hat es sich in unseren diversen
weiteren Spielrunden gezeigt - ist der Theorie
die Praxis vorangestellt... heißt: Das Spiel
kann echt frustrieren, wenn man partout NICHTS
trifft. Ist dann auch nur ein Spieler dabei, der
treffsicher wirft, haben die anderen keine
Chance. Sowas lässt ein Spiel dann schnell in
der dunklen Ecke der Wohnung verschwinden, einer
Ecke, so dunkel, wie die Würfel nach etlichen
Partien auch aussehen, denn Schmutz haftet doch
recht penetrant am Soft-Material. Wir hätten uns
zum besseren Handling noch etwas größere Würfel
gewünscht. Mit dem vorliegenden Material muss
man also - wenn man kein Naturtalent ist -
erstmal üben, üben, üben, bis man Erfolge
erzielt. Oder man passt die Abwurfentfernung an,
z.B. auf 1 Meter bis 30 cm... ;-) Überhaupt
lässt das Spiel Raum für Hausregeln.
Als reines Aktivspiel empfinde
ich "Boccia" dennoch reizvoller als "Sokieba",
dem ich in dieser Kategorie nur eine
Durchschnittsnote gebe. Nicht, weil die Idee nur
Durchschnitt wäre, die ist nämlich eigentlich
super. Aber in der spielerischen Umsetzung
holpert es unter Beachtung der Standardregeln
leider. Der anfängliche Frust überwiegte bei den
meisten der insgesamt rund 30 Testspielern...
schade! Das kann natürlich in anderen Runden
besser aussehen. Und wer durchhält, wird auch
langfristig Erfolge erzielen. Schnelle
Spaßspiele (und als solches wird "Sokieba"
vermarktet, wenn man sich das Cover ansieht, das
mehr körperbetonte Coolness vermittelt, als
letztlich im Spiel vorhanden ist) vertragen aber
oft keine langen Übungsphasen. Tipp für alle
Frustrierten: Nehmt das Spiel mit in den Urlaub.
Am Strand macht Üben viel mehr Spaß... :) Noch
besser sieht es aus, wenn man "Sokieba" im
Schulbereich oder in der Therapie einsetzt. Mit
den nötigen individuellen Anpassungen und mit
der ebenso nötigen Geduld erhält man hier ein
interessantes Spielkonzept, das nicht nur die
Addition in den Köpfen der Spieler verfestigt,
sondern in diesem Bereich auch rein haptisch
sinnvoll eingesetzt werden kann (7 Punkte). Und
das nicht nur im Sommer.
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